Die wunderbaren "Menschenlichter"...

 ..."im Tollhaus" (wo sonst?) und im Buch


Vor über 10 Jahren schrieb ich ein Buch, für das ich den Titel "Menschenlichter im Tollhaus" gefunden hatte. Die Unter-Überschrift lautete "Protokolle aus der Menschenwelt"!

Ich befand mich damals in einer, nun, sagen wir mal, nicht wirklich glücklichen oder gar geglückten Phase meines Lebens. Der Job, mit dem ich mein Geld verdiente, laugte mich aus und schien mir verlogen, die Menschen, denen ich privat begegnete, kamen mir letztlich lausig vor (und allesamt depressiv!).
Dazu zerrte die Zusatzausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie an meinen Nerven, das stundenlange Auswendig-Lernen der perfidesten, psychischen Störungen machte mich glauben, dass Welt, Mensch und das, was wir Leben nennen, ausschließlich dunkel, abgründig, vielleicht gar reiner Morast seien!

Die Tätigkeit des Schreibens führte in meinem Alltag seit einigen Jahren ein nur nebensächliches, also kümmerliches, Schatten-Dasein. Ich vermisste es schmerzlich. So kam mir also der (rettende?) Gedanke, der düsteren Menschen-Welt mit Neugier und etwas Helligkeit (auf-)schreibend zu begegnen. Mir gefiel dabei die Vorstellung, dass der Autor wohl drinnen ist, in seinem Buch. Aber immer auch draußen. Ihm steht die Freiheit zu, hin und her zu springen, wie ihm gerade Lust und Laune ist. Mal darf er sich in seinen Figuren verlieren. Mal kann er sie - aus einem gemütlichen Abstand heraus - analysieren. 

Am Anfang stand der Titel. Mir kommt es vor, als hätte es diesen Titel von Anfang an (also mit Beginn meiner Existenz) bereits gegeben. Als hätte ich ihn nur hervorkramen müssen, aus dem Versteck einer Manteltasche beispielsweise, oder hinter einen Spiegel gepinnt. Es gibt kein Buch, denke ich, das nicht von genau diesen erzählt (den Menschenlichtern in ihrem Tollhaus). Und so quillt meine Kladde von jeher über, vor Gekritzel unter diesem BETREFF. Heute genauso wie damals, vor der Konzeption dieses einen Buchs. 

Zu dem Titel gesellten sich 7 Personen (fiktiv), von denen ich mir wünschte, dass sie mir ihre Geschichte erzählen würden. Ihre Geschichte als Bruchstück, als herausragendes Ereignis, das sie geprägt hat, durch eine Erschütterung vielleicht. Oder gezeichnet hat, durch einen schicksalhaften Ton. Sie sollten es mir in einem langen Monolog erzählen. So, wie man es einem Therapeuten berichtet. Oder so, wie man es in einem Gebet, als Stoßseufzer verpackt, zu den Göttern schickt. Vielleicht auch so, als wolle man sich einem (tatsächlich von tiefem Interesse angetriebenen) Journalisten, mitteilend zur Verfügung stellen: Ungefiltert, unmittelbar und so intensiv, dass es lebendig wird und in einer gewissen Dichte zum Schweben kommt. 

"Naturalistisch mit Engelflügel", dachte ich mir. So, wie man manchmal sagt: "Nun geht ein Engel durch den Raum". Wenn da eine Wahrheit auftaucht, eine Nähe, während eines Gesprächs. So also kam der Engel ins Spiel. Er hüpfte mit dieser Redewendung ins Buch hinein. Und mit ihm die Autorin, die sich verlieren aber auch wieder von den erdachten Personen und ihrem Weh erholen wollte.
Kein Engel im Sinne der herzensguten, schützenden Putte mit rosa Wangen, sollte das sein. 

Vielmehr ein Engel, als Inbegriff des Wesenlosen, des Nicht-zur-Menschenwelt-Gehörenden. Und dennoch eine wahrnehmende Energie, dem Lebendigen zugeordnet. Wieso dieser Engel schließlich in der "Edda" sein Zwischenlager aufschlägt, ist weniger Geheimnis, als meiner Liebe zu Mythologien geschuldet.  Es gab auch andere Entwürfe zu dieser Rahmenhandlung. Doch am Ende siegte die "Nebelwelt der Welt-Esche" als Flughafen und Zwischenstation.

"Felix im Glück" war meine 1. Geschichte. Ich las damals eine Biografie über Gottfried Benn. Sein eigentümliches (nicht wirklich empathisch zu nennendes) Verhältnis zu Frauen, führte in Felix Richtung. Das Weitere entwickelte sich sehr schnell. Eins kam zum Anderen. Wie man das eben so sagt und wie es dann oft tatsächlich ist. Die Figuren sprachen zu mir, wie zu einer Freundin. 

Inzwischen ist "Menschenlichter im Tollhaus" nur noch hier und da im Internet als Restposten zu erwischen. Ich zweifelte am Engel. Ich zweifelte am Sinn. 

Der Engel flog raus, die Protokolle wurden in einer neuen Auflage des Buchs unter der Head-Line "Sehnsucht" gesammelt. Ich bin von nichts ganz überzeugt. Und ich war es nie. Was mir geblieben ist, das ist der Titel. Natürlich neben einer absolut echten Liebe zu den 7 Personen, die sich mir offenbart haben.
(Hier stelle man sich ein verrückt-verschämtes Gekichere der Autorin vor)

Und geblieben ist die Kladde, die das Ganze fortschreibt. Ins Irgendwann und ins Irgendwie hinein. 
Eine Skizze nur. Von Irgendwas.

 

Cover zu Menschenlichter@Paganinis



"Menschenlichter im Tollhaus" finden sich - Gott und Teufel sei Dank - nahezu pausenlos und überall wieder. Genannt sei neben der Literatur natürlich Kino, Musik, Malerei, Twitter, Tand und Narretei. Sowie Theater, der Nachbar, der Freund und der Feind. Und das ICH für sich. Das Fremde für Dich. 
Und die Wiege. Mit der Alles beginnt. 
 
(Und nun: MIAU)

 

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