Paganini´s...

Motto von Paganini, dem Kater:
"Es lebe die totale Subjektivität des Feuilleton!"

Mittwoch, 30. Mai 2012

"Das Unaufhörliche": Benn meets Hindemith!


Am 8.7.1930 schreibt Gottfried Benn an Paul Hindemith:


...Ihre Aufforderung nun, einen Text zu machen, der für Sie in Betracht käme, ist für mich sehr ehrenvoll u. der Gedanke regt mich auch an. Aber ich bin im Augenblick körperlich und geistig so ermüdet u. ohne Spannung, daß ich an keine Arbeit denken kann.

Ja, es ist anzunehmen, dass Benn der Gedanke an ein Team-Work zunächst nahezu unerträglich gewesen sein muss.
Doch die Idee, für ein "weltliches Oratorium" das Libretto zu schreiben, hat ihn dann doch eingefangen.
Schon einige Tage später, am 19.7.1930, schreibt der Dichter erneut an den Musiker:

...daß mir Ihre mir in das Exemplar von "Cardillac" von Ihnen eingeschriebene Aufforderung nun noch einige Male durch den Kopf gegangen ist und ich versucht habe, eine Art Text, von geringem Unfang und ohne Prätention, zu verfassen, den ich Ihnen der Einfachheit halber gleich anbei, ohne erst vorher bei Ihnen anzufragen, mitsende.
Dieser Text, genannt: "Das Unaufhörliche" ist kein Lehrstück, sondern mehr eine Dichtung. Der Name soll das unaufjörliche Sinnlose, das Auf und Ab der Geschichte, die Vergänglichkeit der Größe und des Ruhms, das unaufhörlich Zufällige und Wechselvolle der Existenz schildern, vielmehr lyrisch auferstehn lassen...
(Briefwechsel mit Paul Hindemith, Fischer TB)

Und so entsteht die erste Nihilisten-Oper der Welt!
Das Team-Work scheint Freude bereitet zu haben. Gottfried Benn erinnert sich später:

Hindemith und ich waren damals sehr befreundet, wohnten beide in Berlin, wir arbeiteten es zusammen aus. Einmal sagte er: das kann ich nicht komponieren, das müssen Sie ändern, dann tat ich es. Manchmal sagte ich: Sie müssen besser komponieren lernen, das kann ich nicht ändern, aus dichterischen Gründen. Dann tat er es.
(Gottfried Benn, Genie und Barbar, Aufbau Verlag)

So entstanden dann die Texte. Solche Texte wie dieser zum Beispiel:

 Lebe wohl!
farewell,
und nevermore!-:
aller Sprachen Schmerz- und Schattenlaut
sind dem Herzen
sind dem Ohre
unaufhörlich
tief vertraut.

Lebe wohl,
good bye,
felice notte
und was sonst noch heißt, daß es nicht bleibt:
alles Ruf vom unbekannten Gotte,
der uns
unaufhörlich
treibt.

(Die Paganini´s-Redaktion schmilzt bei diesen Dichter-Worten einheitlich dahin!)

Übrigens wird das Geld, das Benn für seine Arbeit erhält, sofort vom Finanzamt gepfändet.
Er wütet:
Die Leute sind irre, der Staat muß zertrümmert werden. Die freien Berufe, (...), die müssen wieder ran, den verkrachten u. verlumpten Staat zu finanzieren. Nein, da bleibt einem die Spucke weg u. da vergeht einem die Laune!
(Genie und Barbar, Aufbau V.)

Und nun, nach dieser Schimpferei, endlich das Gesamtkunstwerk:

Das Unaufhörliche: Teil I
Das Unaufhörliche: Teil II

Das Unaufhörliche: Teil III
Lothar Zagrosek, direction.


Dazu in Wikipedia:
"Das Unaufhörliche ist ein Oratorium in drei Teilen für Soli, gemischten Chor, Knabenchor und Orchester von Paul Hindemith und Gottfried Benn. Die Uraufführung erfolgte 1931 in München bei der 2. Tagung für Rundfunkmusik durch den Philharmonischen Chor und das Philharmonische Orchester unter Otto Klemperer.[1] Die Veröffentlichung erfolgte bei Schotts Söhne, Mainz, 1931. Benn selbst veröffentlichte eine gekürzte Fassung des lyrischen Textes erstmals in seinen Ausgewählten Gedichten von 1936.
Gottfried Benn schrieb zu diesem Oratorium eine Einleitung. Dort erläutert er:

Wir wissen von der Schöpfung nichts, als daß sie sich verwandelt –, und das Unaufhörliche soll ein Ausdruck für diesen weitesten Hintergrund des Lebens sein, sein elementares Prinzip der Umgestaltung und der rastlosen Erschütterung seiner Formen.“[2] Im Fortgang dieser Einleitung führt Benn aus, dass dieser Gedanke der sich ewig wandelnden Schöpfung von Heraklit herkommend über die Griechen sich in der deutschen Literatur schließlich in Goethes Faust und dann bei Nietzsches Also sprach Zarathustra fände. Benn versteht das Unaufhörliche nicht als religiöses oder philosophisches, sondern als „universelles Prinzip ..., das seit Anfang in der Menschheit lebt und das Beziehung hat zum Schicksalhaften ...“[3]"

Freitag, 25. Mai 2012

Der wunderbare Buchanfang! IV. Teil:

"Ein Buch, das nicht mit einem Paukenschlag anfängt, lese ich nicht!"
(Zitat von Paganini, dem Kater)

Die Paganini´s-Redaktion will sich dieser Polemik nicht zu Hundert Prozent anschließen.
Und doch bleibt es unbestreitbar: Die Verführungskraft der ersten Zeilen eines Buches entscheidet
sehr wohl darüber, ob wir es tatsächlich zu Ende lesen, oder frühzeitig zur Seite legen.

Deshalb in loser Folge bei Paganini´s:
"Der wunderbare Buchanfang!"

Hier und Heute, weil unvergleichlich, Christian Erdmann, "Aljoscha der Idiot":

1

Das Unheimliche draußen vor dem Fenster starrt wie ein Nachtmahr in das Zimmer, in dem ein junger Mann apathisch daliegt, dunkle Schatten unter den Augen, dunkle Träume hinter den Augen. Man könnte ihn für einen Dandy halten, hingegossen auf sein Lager, entkräftet von genossenen Exzessen, jedoch allen Lebenslagen überlegen und geneigt, sie allesamt wie ein Gemälde zu betrachten.  Aber dieser erstgeborene Sohn - eigentlich zweitgeboren, denn der Erstgeborene war tot geboren - ist kein Dandy. Sein Name ist Aljoscha Tuschkin. Er kam zur Welt im Herzen Rußlands am Ende einer Frühlingsnacht. Im schweren Kopf herum geht ihm die alte russische Weise vom Tölpel, der sieben Tölpel übertölpelt. Er wühlt mit einer Hand im schwarzen Haar, als wäre Katzenjammer nah.




Buch-Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=26mZ_O5-aRo


Das ist nicht irgendein empfehlenswertes, gutes Buch: Das ist ein Meer aus Sprache, Bildern, Musik, Gedanken, Atmosphäre und hintergründigem Gelächter! 
Man will meinen, Louis Bunuel und Dostojewski hätten David Bowie gehört und den Film Cat-People gesehen, um sich ans Gesamtkunstwerk zu machen, daran zu scheitern und Christian Erdmann zu fragen, ob er die Sache übernehmen kann. Und der hat einfach "Ja" gesagt und sich hineingestürzt in die Flut, die den Leser später süchtig macht.
Einfach ins Buch eintauchen und davontragen lassen, es gibt kein Entkommen, kein Ertrinken, nur den Rausch, der entrückt und verzückt! Wunderbar!




Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:
"Denkt ihr auch manchmal in moralischen Kategorien???
Was tut dieser Mensch, dieser C. E., der Leda an, der süßen Maus...?"

Betroffenes Schweigen von Redakteurin und Redaktion in der Konferenz...

Donnerstag, 24. Mai 2012

Die wunderbare Mythologie! I.Teil:

Inannas (Ishtars) Gang in die Unterwelt zu Ereshkigal, der Schwester.


Ja, die wunderbare Mythologie!
In loser Folge will Paganini´s ein Streiflicht darauf werfen, so wie die Mythologie von jeher das Dunkel unserer (Menschen-)Welt durchleuchtet hat.
Sie fand die Chiffren für das Prinzip, das uns bewegt:
Das Schicksal des Menschen, ein Mensch zu sein!

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Ereshkigal ist die Herrscherin der Unterwelt. Das Auge des Todes ist ihr Besitz. Sie hat mehrere Partner. Sie ist nie zufrieden.
Über ihrem dunklen Reich fließen die Wasser von Apsu, dem Ur-Ozean.
Sie nährt sich von Staub und Asche und trinkt schmutziges Wasser.
Die Unterwelt, Kigal, gibt nichts Anderes her.
Die schöne Schwester Inanna (sumerisch, und Ishtar  auf babylonisch) hat auf den ersten, aber auch auf den zweiten Blick, ein weit besseres Grund-Schicksal aus der Los-Trommel gezogen.
Sie ist die Königin des großen "Oben", Göttin der Liebe obendrein, und damit die Schönste und Mächtigste "überhaupt"!
In Liebe vereint lebt sie mit Dumuzi, dem Gatten.
Doch wie sich zeigen wird, ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt!

Und die Schöne und Glückliche ist auch nicht nur die Gute: Sie will die alleinige Weltherrschaft! Und dazu benötigt sie das "Unten" der Schwester!
Scheinheilig verschafft sie sich Zutritt zu dem unterirdischen Verlies.
Sie wolle, so sagt sie dem Torhüter, mit ihrer Schwester deren kürzlich verstorbenen Gatten betrauern.
Geschmückt mit den Insignien - sieben an der Zahl - ihrer Macht, beginnt sie den Gang in die Dunkelheit.
Durch sieben Tore muss sie gehen. Nur dann werden die Tore sich öffnen, wenn jeweils Eines der kostbaren Zeichen als Pfand gelassen werden.
Am Ende der Dunkelheit angekommen, steht sie nackt und entmachtet vor der triumphierenden Ereshkigal.
Diese läßt die Schwester an einem Haken zum Trocknen aufhängen.
"Verrottendes Fleisch" ist nun also Inanna.

Doch Enki, der Weise, schickt ihr Hilfe!
Zwei Wesen aus Licht (ursprünglich von Enki geformt aus dem Dreck unter seinen Fingernägeln!!!) bringen das Wasser des Lebens nach Kigal.
Sie betören die ewig verbitterte Ereshkigal, indem sie mit ihr über das eine und das andere Übel um die Wette wehklagen.
Ereshkigal erfährt "Heilung" und wird doch wieder nur betrogen.
Kaum vertraut sie den hübschen Gesellen der Oberwelt und lässt sie unbewacht, da schütten diese das Wasser des Lebens über Inannas Leichnam und tragen die Dame flugs nach Oben.

Doch Dämonen der Unterwelt nehmen die Verfolgung auf...!
Inanna muss ein lebendes Pfand zur Schwester schicken, wenn sie selbst ihren Platz als Königin der oberen Zehntausend erneut einnehmen möchte.

Inanna plagt sich bei diesem Gedanken, will sie doch Keinem ihrer Dienerschaft das Leben an der Seite der dunklen Schwester zumuten.

Da sieht sie Dumuzi, den Göttergatten, gekleidet in festliche Gewänder, schäkernd und scherzend in fröhlicher Runde.
Keine Spur von Trauer ist bei ihm sichtbar, obwohl er doch die Gattin noch immer am Haken hängend vermutet.
"Dumuzi, Du...!" spricht Inanna und übergibt ihn der dämonischen Begleitung in sein neues Heim...!
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...und was lernen wir aus dieser uralten Geschichte?
Nichts, aber rein gar nichts, hat sich verändert!
Seit Ur, das der Anfang war !



Samstag, 19. Mai 2012

Gutsche´s Nachtgeschichten!

Claas Gutsche, drama & romantik vom 18.05. – 14.07.2012 in der Galerie Wagner & Partner.



Ausstellungsansicht
"Linocut Reloaded"
WAGNER + PARTNER 2011

Claas Gutsche bannt Nachtgeschichten in Linol. "Drama und Romantik" treffen aufeinander, die Vergangenheit wirft Schatten. Licht und Düsternis zeigen verwunschen scheinende Orte, die ihr Geheimnis nicht preisgeben. Dennoch erzählen sie eine Geschichte, die sich ausbreitet, in dem, der vor dem Bild steht, versunken wie in einem Bann. Das Seltsame, das Unerklärliche und deshalb Unheimliche gewinnt Raum, je länger die Augen nach "Fakten" suchen und keinen Anhaltspunkt finden.
Wieso eigentlich, fragt sich der Schauende, nennt Claas Gutsche das Abbild eines Fachwerkhauses "Hunger"? 
Wird der "Wachtower" vom Sonnenaufgang oder vom Sonnenuntergang illuminiert?
Ist das "Monument" ein Zeichen des Unfaßbaren (und/oder ein Film-Zitat)?
Ein Bild von Gutsche ist - manches Mal - wie ein Spuk, der sich nicht zeigt!

Geschichten der Nacht unserer Seelen, in denen Erinnerungen schlafen, die nicht geweckt werden wollen!

Bei der Ausstellungseröffnung werden Tiefe, Mysthik und handwerkliches Können unisono attestiert. Akribie bezeugt Gutsche beim Signieren eines gedruckten Posters. Er legt ein Blatt Papier unter die Handfläche: "Meine feuchte Hand soll das nicht verderben!"

 



Claas Gutsche, Jahrgang 1982, studierte an der Hochschule für Kunst und Design in Halle und am Royal Collage of Art in London und gehört zu einer neuen Generation von Künstlern, die sich bewusst auf die traditionsreiche Technik des Linolschnitts rück-besinnen und damit versuchen, zeitgemäße Bildpotentiale auszuschöpfen. Seit geraumer Zeit als Geheimtip gehandelt, wurde er inzwischen von der renommierten Galerie Wagner & Partner in der Karl-Marx-Allee unter Vertrag genommen. Er gilt als Star von Morgen!

Freitag, 18. Mai 2012

Kein Warten auf den Schrumm: Tom Waits!

...Ein Kerl wie eine Short-Story, wie ein Film mit Humphrey Bogart, wie ein amerikanischer Traum, wie ein Road-Movie, wie ein Typ, der zuviel raucht und säuft und an der Liebe leidet und sich mit seinem Klavier durchs Leben rettet, wie ein Schiffbrüchiger in seinem löchrigen Holzboot...!

Ein Kerl wie ER, das war unser Jung-Mädchen-Begehren!

Tom Waits spielt Tom Waits und wir hören den Schrumm und das Herz schlägt den holprigen Takt einer schiefen Erinnerung...! Juchhuuu!



Und, weil immer wieder schön, hier 2x der Kerl mit Hut!


Tom Waits, Innocent when you dream



Tom Waits, Heart Attack and Vine


Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:
"Das nenn´ich mal Katzenmusik. Ein Typ wie ein Kater. Da tanzen die Mäuse auf den Tischen...!



Montag, 14. Mai 2012

New York meets Berlin!

KUNSTLEBEN BERLIN präsentiert Künstler der Skylight Gallery NYC!


Die Vernissage ist am vergangenen Samstag Abend gewesen. 5 New Yorker Künstler präsentieren 5 verschiedene Kunstrichtungen. In den wunderschönen Räumen des Kunstsalons in Berlin.

Die "Vibrations", wie man so schön sagt, sind wunderbar, frei und weit und "very New York".

Dabei hätte der Abend fast "ins Wasser" fallen müssen.
Wie springende Steine, wenn sie nicht über die Wasseroberfläche springen wollen.

Nur 3 der 10 Kunstcontainer wurden durch den Zoll gelassen.

Romy Campe, Herz und Mitbetreiberin des KUNSTLEBEN BERLIN, ist  stolz, dass in nur zwei Vorbereitungstagen einige der Künstler Ihre Werke neu hinzu-improvisiert haben.
Dem Besucher wäre davon nichts aufgefallen. Eine typische Salon-Mischung wird geboten:

Eine "Wunschwand" von Lisa Zukowski darf mit den drei Wünschen von Paganini´s beschriftet werden. Maria Pitseleh bepinselt ein Model per Live-BodyPainting. Ein animierter Puppenfilm von Ryan Falzon begeistert mit bitterbösem Humor. Carol Flaitz fasziniert mit Ihrer "Nanoart".

Und die Direktorin der Sister-Gallery "Skylight Gallery NYC" Carla Goldberg verwandelt die hellgrauen Wände des Balkon-Salons in eine schimmernde Wasseroberfläche, auf der die Steine der Kindheit springen, bis sie als Erinnerung für ewig in Kunstharz und Acrylglas gebannt sind.


www.kunstlebenberlin.de

Freitag, 11. Mai 2012

Der wunderbare Buchanfang! III. Teil:

"Ein Buch, das nicht mit einem Paukenschlag anfängt, lese ich nicht!"
(Zitat von Paganini, dem Kater)

Die Paganini´s-Redaktion will sich dieser Polemik nicht zu Hundert Prozent anschließen.
Und doch bleibt es unbestreitbar: Die Verführungskraft der ersten Zeilen eines Buches entscheidet
sehr wohl darüber, ob wir es tatsächlich zu Ende lesen, oder frühzeitig zur Seite legen.

Deshalb in loser Folge bei Paganini´s:
"Der wunderbare Buchanfang!"

Sehr schön und immer aktuell, der erste Absatz von Leonid Andrejew, "Die sieben Gehenkten":



I. UM EIN UHR MITTAGS; EUER EXZELLENZ

Da der Minister ein sehr beleibter Mann war und zum Gehirnschlag neigte, unterrichtete man ihn, um eine gefährliche Aufregung zu vermeiden, mit aller Schonung davon, daß auf ihn ein sehr ernst zu nehmendes Attentat vorbereitet werde. Als man sah, daß der Minister die Nachricht ruhig und sogar mit einem Lächeln aufnahm, teilte man ihm auch Einzelheiten mit:
Das Attentat sollte am nächsten Tag verübt werden, wenn er zum Vortrag fuhr; einige Terrosisten, die durch einen Lockspitzel bereits verraten waren und jetzt unausgesetzt von Geheimpolizisten beobachtet wurden, wollten sich mit Bomben und Revolvern um ein Uhr mittags an der Auffahrt versammeln und warten, bis er heraustrat. Hier würde man sie festnehmen.
"Warten Sie mal", wunderte sich der Minister, "woher wissen die denn, dass ich um ein Uhr mittags zum Vortrag fahren werde, wenn ich selbst das erst vorgestern erfahren habe?"
Der Chef der Schutzwache machte eine unbestimmte Handbewegung. "Genau um ein Uhr mittags, Euer Exzellenz."



Cover@RowohltVerlag



Leonid Andrejew (1871 bis 1919) reagierte auf die sozialen und politischen Umbrüche seiner Zeit und schrieb provozierend über Krieg, Verrat, Tod. Sein aufklärerisches Pathos und die grelle Metaphorik ließen ihn den Expressionismus vorwegnehmen. (Klappentext Suhrkamp)


Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:
"Terroristen, immer kommt Ihr mit den Terroristen...! Die Paparazzi, das sind doch die Flöhe in meinem Pelz...!

Mittwoch, 2. Mai 2012

Joseph-Romane: Lightversion im Deutschen Theater!

Wenig gelesen, dennoch ein Juwel: Joseph und seine Brüder von Thomas Mann.


Joseph-Romane XXL:

"Aus aller gewohnten Modernität und Bürgerlichkeit nämlich so tief ins Menschliche erzählerisch zurückzudringen, übte einen unbeschreiblich sinnlich-geistigen Reiz auf mich aus."

Im Lebensabriß werden von Thomas Mann Gründe genannt, weshalb er sich insgesamt sechzehn Jahre - von 1926 bis 1943 - mit der Joseph-Legende der Genesis beschäftigte. Ursprünglich geplant als kurze Erzählung, ließ der Autor sich derart intensiv auf die Vorlage ein, dass ein "humoristischer Menschheitsroman" entstanden ist. Bestehend aus vier Büchern, zusammengefasst unter dem Titel Joseph und seine Brüder, wurden der Vorlage Thesen beigegeben, die zu deren Verlebendigung, Verwirklichung und Humanisierung führen. Hinzu kommen ein phantasiebewegtes Einfühlen und Hineindenken in das mythische Bewusstsein der altbiblischen und antiken Menschen.
Es geht fort vom Bürgerlich-Individuellen, hin zum Mythisch-Typischen.

"Es ist die mythische Identifikation, die der Antike besonders vertraut war, aber weit in die neue Zeit hineinspielt und jederzeit seelisch möglich bleibt".
(
Th. Mann, Freud und die Psychoanalyse)

Den Geschichten Josephs legt Thomas Mann die Annahme zugrunde, dass Menschen mythische Muster repräsentieren. Josephs Leben wird so zur bewussten mythischen Nachfolge...!


Joseph-Romane Light-Version:



Im Deutschen Theater Berlin gibt es nun eine sehr gestraffte Bühnenfassung, die wenig berauschende Kritiker-Stimmen auf sich zog. Da Paganini´s sich noch nicht aufraffen konnte, die Vorstellung zu besuchen, kommt hier das Theater selbst zu Wort!

Joseph und seine Brüder
nach dem Roman von Thomas Mann in einer Bearbeitung von John von Düffel

Joseph ist der Lieblingssohn seines Vaters Jaakob, dessen Segen ihm sicher scheint, sehr zum Neid seiner Brüder. Sie erschlagen ihn und werfen ihn in einen Brunnen – so stirbt Joseph seinen ersten Tod. Doch fahrende Händler finden ihn und verkaufen ihn in Ägypten als Sklaven an Potiphar, einen der Eunuchen-Günstlinge des Pharaos. Im Hause Potiphars steigt Joseph schnell auf, weckt aber auch die Liebe von Potiphars Gemahlin, deren Leidenschaft für Joseph bald keine Grenzen mehr kennt. Als sich Joseph ihr im letzten Moment entzieht, bezichtigt sie ihn der Vergewaltigung. Joseph wird ins Gefängnis geworfen und stirbt seinen zweiten Tod. Es ist seine Fähigkeit der Traumdeutung, die ihn aus dem Kerkerdunkel befreit. Er deutet die Träume des Pharaos und wird schließlich zum Ernährer und Wirtschafter Ägyptens. Endlich ist seine Stellung in der Welt so gefestigt, dass er sich seinen Brüdern und seinem Vater zu erkennen gibt, die Seinen zu sich holen kann. Doch er muss auch erkennen, dass er auf seinem Weg ein anderer geworden ist, ein Fremder. Und der Segen seines Vaters bleibt ihm verwehrt.
Thomas Mann hat mit seinem vierbändigen Joseph-Roman einen biblischen Mythos erzählerisch erschlossen, den John von Düffel in seiner Bearbeitung für die Bühne verdichtet hat. Alize Zandwijk, Leiterin des RO Theaters in Rotterdam, inszeniert zum ersten Mal in Berlin.(http://www.deutschestheater.de/home/joseph/)


...In jedem Fall sollte die Diskussion um diese Inszenierung dazu führen, einmal wieder zu diesem Buch zu greifen:

Joseph ist "wohl mein Lieblingssohn, trotz Adrian und Grigorß"
schreibt Thomas Mann in seinen Briefen und fühlt sich berührt durch
"die letzte Melancholie, die seine freundliche Gestalt umgibt"!



Dienstag, 1. Mai 2012

Wir gehen jetzt in eine tiefe Meditation!


...Ja, das hat er gesagt, der Shaolin-Mönch...!
...Mit Ausrufezeichen...!
...Ein ein-deutiger Imperativ...!
...Dem Folge zu leisten ist...und keiner weiß,... warum. ..!


Shaolin_Temple_Kick_Statue.jpg ‎

Wir, ein Häufchen Deutsche, haben uns vor dem einzigen Shaolin-Tempel Europas versammelt,
um eine exclusive Einführungsstunde in Meditation zu erhalten.

"Wir dürfen Anfänger sein", ist versprochen worden.
Ich rauche noch rasch ein Zigarette.
Eine Dame, links neben mir, regelt per Handy Beziehungsprobleme...!

Dann: Trainingshose an und barfuss in die Halle, wie das arme Sünderlein.

Der Shaolin-Tempel soll erst gebaut werden, so, wie es sich gehört, aber der Ersatz-Shaolin-Tempel zu Berlin existiert bereits in einem Neubau, den jeder Deutsche als neuberliner "Platte" identifiziert.
Auf den ersten Blick gibt sich hier nichts als "heilig" zu erkennen.

Die Meditationshalle ist karg, ein Altar steht vor uns, der Shaolin-Mönch entzündet zwei Kerzen.

Streng blick Buddha auf uns herab. Sehr streng!

Ein unendlicher Imperativ scheint in der Welt...!

Und dann geht für den Deutschen das Kasernentor auf:
"Wir gehen jetzt, sehr snell, im Kreis"!

Ja, tun wir und hoffen auf Haltung.
"Locker..." und  "Sneller..." hören wir die Stimme des Asiaten.

Ja, das hatte ich nir fast gedacht, es ist eine Kaserne, in der DIE wohnen...!

Der Shaolin-Mönch trägt, während des sehr selbstbewussten Ganges, einen langen Bambus-Stock über der Schulter.

Hans Albers würde jetzt pfeifen: "Hoppla, jetzt komm´ich...!"

Der ShaolinMönch sagt: "Jetzt atmen..., neunmal...!"

Der Shaolin-Mönch sagt in dieser Einführungs-Session maximal neun Sätze im Imperativ!
Seine Sätze sind kurz!

"Wir gehen in eine tiefe Meditation". Ausrufezeichen!
 Eigentlich ein Peitschen-Knall!

"Wie soll das so funktionieren?" denke ich.

Und dann bin ich in einer - subjektiv georteten - tiefen Meditation ...................
...........................................................................................................................!!!

Keine Ahnung, wie das geschehen konnte.
Alle anderen Deutschen versinken kameradschaftlich mit mir in lautloses ... Irgendwas!
Ein Jeder in das Seine!


www.flickr.com/photos/harrycane/3503850270


Als ich aus dem Shaolin-Tempel herausgetreten bin, hinein ins Berlin von Jetzt und Hier,
da hab ich gedacht:

"Das ist doch erstaunlich, was wir hier auf unserer runden Kugel alles machen und erleben  können..."!

Also, klare Paganini´s-Empfehlung:

"Gehen Sie in eine tiefe Meditation. Ausrufezeichen. Imperativ. (!!!)"




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