Paganini´s...

Motto von Paganini, dem Kater:
"Es lebe die totale Subjektivität des Feuilleton!"

Sonntag, 21. Dezember 2014

Das wunderbare Berlin...

...und seine Theater:

 
Das Maxim Gorki Theater ist zum Theater 2014 gekürt worden!
 

 
 Und wir machen weiter Weihnachtsferien...!
 
 
 
 
 
 
 

Dienstag, 18. November 2014

Das wunderschöne Bild...

...der Sammlung Scharf-Gerstenberg in Berlin:

Max ErnstLe triomphe de l'amour/fausse allégorie 
(Der Triumph derLiebe/falsche Allegorie)


Max Ernst @ flickr

Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:

Allegorie? Verschleierte Sprache? Und dann noch falsch? 
Der hat doch nen Vogel gehabt, mit seinen Vögeln, der Max, der Ernst! 
Ganz im Ernst, ganz unter uns:
Wäre der nicht so genial, dann bliebe doch nichts, außer fatal!
 
Fatal, fatal, fatal! Und doch genial! Haha. Hehe!


Berlin1 schreibt:
Ein Besuch in der Sammlung Scharf-Gerstenberg gegenüber dem Schloss Charlottenburg ist die Begegnung mit einer anderen Welt. Das Museum hat den Schwerpunkt Surrealismus, aber nicht nur, berücksichtigt werden die Phantastische Kunst und Vorläufer des Surrealismus.
Über 250 Werke von Max Ernst, Jean Dubuffet, Hans Bellmer, René Magritte, Dali, Goya bis hin zu Piranesi sind im östlichen Stülerbau und im Marstall zu sehen. 

Surrealisten experimentierten gern

Der französische Dichter André Breton war der führende Theoretiker des Surrealismus, 1924 verkündete er das Manifest des Surrealismus. Die Kunst sollte erneuert werden. Die Psychoanalyse Freuds fand Eingang und die Künstler experimentierten und drückten sich mit verschiedenen Medien aus.

Die Sammlung Scharf-Gerstenberg

So umfasst die Sammlung Scharf Gerstenberg Gemälde, Skulpturen und Arbeiten auf Papier. Auch Filme werden gezeigt, die klassischen surrealistischen Filme von Luis Buñuel und Salvador Dalí und zeitgenössische Filme, die sich auf den Surrealismus beziehen.
Hier gibt´s mehr zu lesen!

Und hier: http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/sammlung-scharf-gerstenberg/home.html




Mittwoch, 29. Oktober 2014

Der wunderbare letzte Satz...

...eines Buches: I. Teil!


"Das Buch, dessen letzter Satz keine Kraft besitzt, will ich nicht gelesen haben!
(Zitat von Paganini, dem Kater)

Die Paganini´s-Redaktion will sich dieser Polemik nicht zu Hundert Prozent anschließen.
Und doch bleibt es unbestreitbar: Die Verführungskraft der letzten Zeilen eines Buches, entscheiden
sehr wohl darüber, ob wir es tatsächlich am Ende für lesenswert halten.

Deshalb in loser Folge bei Paganini´s:
"Der wunderbare letzte Satz!"



Teil I beginnt mit den letzten zwei Sätzen von Javier Marias "Mein Herz so weiß":



...Luisa trällert bisweilen im Badezimmer, während ich zusehe, wie sie sich zurechtmacht, in die Öffnung einer Tüt gelehnt, die nicht die unseres Schlafzimmers ist, wie ein faules oder krankes Kind, das die Welt von seinem Kissen aus sieht oder ohne die Schwelle zu überschreiten, und von dort höre ich diesen weiblichen Gesang, zwischen den Zähnen, der nicht angestimmt wird, um gehört zu werden, diesen unbedeutenden, absichts- und ziellosen Singsang, der gehört und gelernt und nicht mehr vergessen wird. Diesen Gesang, der dennoch hervorgebracht wird und weder verstummt noch verklingt, nachdem er erklungen ist, wenn ihm die Stille des erwachsenen Lebens folgt, oder vielleicht ist es männlich.

Oktober 1991







Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:

Kinder erzählt mir jetzt nicht, dass das Ding noch nicht verfilmt worden ist.

Nein, kann gar nicht sein, Fischer-Verlag, schaut Euch das Cover an, da rennen die Leute doch hin, das ist doch schau, das ist doch donnerwetter, sex and crime und Alles oder Nichts und ...!

Ich kauf ein! Ich kauf mir die! Ich krieg die Rechte... und setz mich mit dem..... zusammen...dem...ach, wie heißt er denn, dem, der immer mit der, ...ach, wie heißt die denn, die Blonde, die Schöne, die Schöne und der Seriöse, ...also die Hoss, die Nina, und der..., ach, wie heißt der... egal!
Einfach gut! Das Alles! 

Redakteurin und Redaktion legen dem Chef ein Dokument auf den Tisch, das Gehaltserhöhung für sein Team einfordert und verlassen schnurstracks die Redaktionskonferenz!







 

Dienstag, 28. Oktober 2014

Auflösung: Die wunderbare Frage. II. Teil.

Voila..!


Wir wollen uns nicht um die Auflösung der Frage drücken, die unser Herz beschäftigt hat!

Lange haben wir gesucht, reflektiert, diskutiert und - natürlich - intensivst recherchiert.
Nicht Viel - leider - ist dabei heraus gekommen.

Zur Erinnerung hier nochmals die Fragestellung:

...Was haben die Patienten von Gottfried Benn wohl zu diesem Gedicht gesagt...?


Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke...!


Nun, wissen Sie´s inzwischen? 

Wir nicht. Wir hatten viele Antworten.
Nur eine Einzige scheint uns von Sinn erfüllt.
Oder zumindest die Beste aller schlechten Antworten zu sein.

Die Patienten haben sich gesagt:

Das ist Gottfried Benn. Und weil Ja, sehr Viele. 

Zumindest ein Arzt und ein Dichter.

Und uns interessiert, als Patienten, nur der Arzt!


Ganz schön easy, diese Auflösung, nicht wahr?

Aber glaubwürdig. Und vertrauenswert. Also vermutlich richtig!



Cover@dtv

Und da wir die Auflösung zu  "Die wunderbaren Frage. II. Teil" nun gegeben haben,
lassen wir noch eine weitere Stimme zu Wort kommen.

Vielleicht gibt diese noch einen kleinen, realen Einblick in das Spannungsgefüge
Arzt und Dichter, Gottfried Benn und Patienten, Tod und Leben, Engel und Teufel und, und, und...:

Hans-Dieter Göring

"Gottfried Benn (1886–1956): Stets ein Gefangener der Resignation"


...Benn hat wiederholt geäußert, dass ihn sein Beruf innerlich nie beschäftigt habe und nur dem Broterwerb diene. Die Äußerungen von Zeitgenossen reichen von der Vermutung, er sei „Mediziner und nicht Arzt“ gewesen bis zur Schilderung eines mitfühlenden hilfsbereiten Arztes, der ärmere Patienten kostenfrei behandelte, ihnen in Zeiten wirtschaftlicher Not sogar MedikamenteNahrungsmittel und Kohlen bezahlte. Seine Zweifel an der Medizin seiner Zeit hat Gottfried Benn in den Essays „Irrationalismus in der Medizin“ und „Medizin in der Krise“ formuliert. Er wurde in seiner Skepsis durch das Buch des Schweizer Psychiaters Eugen Bleuler „Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin“ und die „Philosophie des Als-ob“ von Hans Vaihinger, der ebenso wie Benn von Nietzsche beeinflusst war, bestätigt. Benn verfasste aber auch eine Reihe streng wissenschaftlicher Arbeiten. 
Als Dichter wurde Gottfried Benn 1912 durch seinen ersten Gedichtband „Morgue und andere Gedichte“ mit einem Schlag bekannt. Mit ihren schockierenden Sujets aus Sektionssaal, Operationsraum und Kreißsaal brachen diese frühexpressionistischen Gedichte mit allen gültigen ästhetischen Normen. Die anscheinend emotionslose Schilderung konkreter Krankheitsbilder, von Obduktionen, Ausschabungen und Operationen, die Erschütterung und Verzweiflung dennoch nicht verhehlte, begegnet dem Leser in „Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke“, „Schöne Jugend“, „Kleine Aster“, „Kreislauf“, „Cürettage“, „Saal der kreißenden Frauen“ und anderem. Im Gedicht „Arzt“ findet sich die ungeheuerliche Zeile „Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch“. Sein mit griechischer Mythologie, medizinischen und naturwissenschaftlich-philosophischen Termini und Modeworten gespicktes Vokabular wird in seinen Gedichten zu einer faszinierenden Wortmagie von oszillierender kalter Spannung verknüpft. Gleichgültig, ob er anfangs die Apokalypse der Pathologie oder später Rausch und Trauer in Worte fasste, immer blieb Benn ein Gefangener der Resignation...
 http://www.aerzteblatt.de/archiv/51939/Gottfried-Benn-(1886-1956)-Stets-ein-Gefangener-der-Resignation





Donnerstag, 23. Oktober 2014

Die wunderbare Frage. II. Teil:

...Was haben die Patienten von Gottfried Benn wohl zu diesem Gedicht gesagt...?


Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke
Der Mann:
Hier diese Reihe sind zerfallene Schöße
und diese Reihe ist zerfallene Brust.
Bett stinkt bei Bett. Die Schwestern wechseln stündlich.
Komm, hebe ruhig diese Decke auf.
Sieh, dieser Klumpen Fett und faule Säfte,
das war einst irgendeinem Mann groß
und hieß auch Rausch und Heimat.
Komm, sieh auf diese Narbe an der Brust.
Fühlst du den Rosenkranz von weichen Knoten?
Fühl ruhig hin. Das Fleisch ist weich und schmerzt nicht.
Hier diese blutet wie aus dreißig Leibern.
Kein Mensch hat so viel Blut.
Hier dieser schnitt man
erst noch ein Kind aus dem verkrebsten Schoß.
Man läßt sie schlafen. Tag und Nacht. – Den Neuen
sagt man: hier schläft man sich gesund. – Nur sonntags
für den Besuch läßt man sie etwas wacher.
Nahrung wird wenig noch verzehrt. Die Rücken
sind wund. Du siehst die Fliegen. Manchmal
wäscht sie die Schwester. Wie man Bänke wäscht.
Hier schwillt der Acker schon um jedes Bett.
Fleisch ebnet sich zu Land. Glut gibt sich fort.
Saft schickt sich an zu rinnen. Erde ruft.




„Es ist kein Leben dies tägliche Schmieren u. Spritzen u. Quacksalbern u. abends so müde sein, daß man heulen könnte. […] Ja, ich bin unbeschreiblich müde u. abgelebt wieder mal augenblicklich, darüber ist nichts zu sagen, die Sinnlosigkeit des Daseins in Reinkultur u. die Aussichtslosigkeit der privaten Existenz in Konzentration.“ (Gottfried Benn Gottfried Benn: Ausgewählte Briefe. Mit Nachwort von Max Rychner. Limes Verlag, Wiesbaden 1957)


...Die Auflösung zur "wunderbaren Frage. II. Teil" folgt in Kürze hier:
Bei den Paganini´s...!





Sonntag, 21. September 2014

Das wunderbare Wort zum Sonntag:

Einstürzende Neubauten, Weil Weil Weil!





Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:
Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!

 


Montag, 1. September 2014

Der wunderbare Kim ki Duk:

Eins zu Eins!


Kaum war uns Kim Ki Duk mit seinem letzten Film "Moebius" immerhin den "wunderbaren Verriss" wert, da kontert Dieser mit einem neuen Trailer und einer dazu gehörigen Inhaltsangabe, dass uns Hören und Sehen vergeht und wir, die Paganini´s, benommen, schauernd und ehrfürchtig auf den Kino-Start warten.

One on One!


www.moviepilot.de schreibt dazu:

Ebenso unheilschwanger wie verstörend kommt der erste Trailer für den Thriller One On One des südkoreanischen Regisseurs Ki-duk Kim daher. In Video-artigen Bildern zeigt er uns den Anfang dessen, was in einer etwas längeren Tagline zum Film wie folgt beschrieben wird:

“Am 9. Mai wurde eine High-School-Schülerin brutal ermordet. Es gibt 7 Verdächtige und 7 Schatten, die sie terrorisieren. Wer sind sie und welcher von ihnen bist du?”

Wer von euch des Koreanischen mächtig ist, kann uns vielleicht auch sagen, was im Trailer gesprochen wird.
Dem Regisseur Kim Ki-Duk zufolge handelt der Film von seinem Heimatland, Südkorea.
Hancinema zitiert den für seine kontroversen Werke bekannten Regisseur zu seinem neuesten Streich One on One wie folgt:

“Ich bin immer wieder von meinem Land schockiert, während ich in ihm lebe. Eine korrupte Regierung kann durchaus als fähig angesehen werden, wenn sie erfolgreich ist. Ich mag meine Regierung nicht und hasse sie und habe sie sogar abgeschrieben.”

Wie sich das wohl im Film zeigen wird?

Im Gegensatz zu vorigen Filmen Kim Ki-Duks wie Arirang wird One on One nicht in Cannes zu sehen sein. Dies könnte auch an seinem verstörenden Inhalt liegen, denn in Südkorea ist der Film laut KpopStarz wegen Gewalt und Nacktheit erst ab 18 Jahren freigegeben. Dort soll One on One am 22. Mai 2014 in die Kinos kommen. Einen deutschen Kinostart hat der Thriller hingegen noch nicht.

Als Entscheidungshilfe, ob ihr euch One on One anschauen wollt, so ihr denn die Gelegenheit dazu habt, übergeben wir zum Schluss noch einmal an Kim Ki-Duk selbst.
Dieser sagte laut Twitch:

“Wenn du dich nicht ermordet fühlst, dann sieh dir den Film nicht an.”





Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:

Ach, Kinder, da geh´n wir rein!
Sind wir nicht Alle längst ein wenig ermordet...?!



 
 

Donnerstag, 28. August 2014

Das wunderbare Schick-Sale:

"Schick-Sale ist klasse und Schick-Sale ist gut!"


Wer bitte sollte was dagegen haben, sein Schicksal zu kaufen?

Bestimmt nicht der Teufel, wie man weiß, denn er kauft gern und verkauft gern Schick-Sale teurer, als gekauft!

Dennoch ein Tip, der die Münder wässrig werden lässt und das Konto sälig (wie selig) belastet:



www.astrotv.de



Der Marketingfachmann von Astro-TV ist wahrlich grande gewesen. 

Welch verspielte Haltung zum ur-alten Thema!













Freitag, 22. August 2014

Der wunderbare Verriss...:

Kim Ki Duk: Moebius, die Lust, das Messer!


Wie jedes namhafte Feuilleton, frönen auch wir der Sitte, einen Hyper-Begabten erst in den Himmel zu loben, um ihn dann in die Hölle zu stoßen.
Die Hyper-Begabten überleben das und zelebrieren, im Gegenzug, höchstens Ihre Lust an Depression, mal öffentlich (wie Kim Ki Duk oder Lars von Trier) und auch nicht öffentlich ( wie XY und XX))!

Aber: Verriss muss sein!

Deshalb Hier und Heute:

Ein Penis, Nix Dran, Luft Raus!


Moebius, die Lust, das Messer  könnte auch den Titel "Ein zerschnippelter Penis auf Reisen" tragen.
Es wäre dann sicher kein besserer Film geworden, aber ein schlechterer Film eben auch nicht.
Was Kim Ki Duk hier, in seinem 2013 kreierten, cinematographischem Machwerk zeigt, beinhaltet zwar alle Themen, die ihn zu einem ganz Großen der Filmgeschichte haben werden lassen, aber herausgekommen ist eben nicht die berührende Archaik einer antiken Tragödie, sondern ein groteskes Sammelsurium Freudscher Oedipus-Fantasien, natürlich der blutigen Art. 

Es wird kastriert, dem abgeschnittenen Objekt der Begierde hinterhergelaufen (auf befahrener Straße mit PKW´s), das gute Stück dann wieder draufgenäht, danach mit dem Revolver erneut umgepustet, vor Schmerz und Lust geprustet und gestöhnt, vergewaltigt (mit und ohne Penis) und 
- zur erlösenden Katharsis - schließlich Schluss gemacht. 
Mit Allem. 
Was da dran hängt, am Penis: Also vorrangig den Eltern. 
Mutter! Vater!

Und so sehen wir auf der Leinwand, nach Vater-Mord und Mutter-Mord, das schwanzlose, dennoch freie Kind:
Vor Buddha in die Knie gehend!
Erstmals lächelnd!
Kloster is better than World!

Ja, das nennen Wir, die Paganini´s, wirklich eine wild wuchernde Plünderung des kollektiven Unbewußten.

Aber leider: Kim Ki Duk ist darin schon mal viel, viel besser gewesen!





Wikipedia:
Moebius (Koreanisch뫼비우스) ist ein Spielfilm des südkoreanischen Filmemachers Kim Ki-duk aus dem Jahr 2013. Der Film feierte am 3. September 2013 auf den 70. Internationalen Filmfestspielen von Venedig seine Weltpremiere.[3] In Deutschland wurde der Film erstmals am 3. Oktober 2013 im Rahmen des Filmfest Hamburg aufgeführt.[4] Ohne reguläre Kinoauswertung wurde der Film in Deutschland ab dem 11. Februar 2014 auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.[5]
Der Film verzichtet vollständig auf Dialoge und konzentriert sich rein auf die Filmsprache und FilmsemiotikMoebius ist der dritte Film von Kim Ki-duk, nach Amen und Pieta, der sich mit christlicher Symbolik auseinandersetzt.[6]





Mittwoch, 13. August 2014

Kapitel No. 10



Gustav Klimt



X



Und Luise träumt. Große Uhren. Kleine Uhren. Deformierte Uhren. Gläserne Uhren. Zitternde Uhren. Ticktackticktackticktack. Ein ohrenbetäubendes Ticken im Chor. Eine der Uhren, eine daliesk Dahinschmelzende, scheint Luise die Zunge rauszustrecken. Raus. Und wieder rein. Und raus. Im Takt von Ticktack. Luise will fort. Fort aus diesem Traum. Luise liegt ausgestreckt in etwas Elastischem. Etwas leicht Schaukelndem. Sie dreht den Kopf zur Seite. Ein Gewebe. Ein überdimen-sionales, zartes, doch festes Gewebe. Luise will sich aus dem Stoff befreien. Doch ihre Arme kleben fest. Und ihre Beine kleben fest. Und ihr Rücken klebt fest. Luise schaudert. Luise versteht. Ein Spinnennetz. Das Gebilde aus Fäden schaukelt immer beängstigender. Etwas bewegt sich auf Luise zu. Über ihrem Gesicht zeigen sich traurige Männeraugen. Männeraugen im Kopfe einer riesigen, behaarten Vogelspinne. Wir Alle. Sagen ihr diese Augen. Hängen hier fest! Luise will schreien. Lars Dietrich. Erkennst du mich nicht. Und Luise wird wach und blickt in besorgte Männeraugen. Es sind die Augen von Lars Dietrich. Der sich über sie beugt. Über Luise. Seine Frau. Wie spät ist es? Fragt Luise erschreckt. Ertappt und erschreckt fühlt sie sich. Und Lars Dietrich, in seinem wunderbar warmen Bariton, sagt: Es ist Abend. Luise. Nicht spät. Kurz vor Sieben. Luise. Und dann legt er sich stumm neben seine Frau und wartet ab. Ganz selbstverständlich liegen Lars Dietrich und Luise nebeneinander und warten ab. Beide warten ab. Ob Luise oder ob Lars Dietrich zuerst etwas zu sagen hat. Du hast keine Ahnung, Luise, wie schrecklich das für mich ist. Lars Dietrich spricht als Erster. Es ist nicht immer schrecklich für mich. Aber es ist manchmal schrecklich für mich. Sehr schrecklich. Lars Dietrich spürt, wie sich der Körper von Luise spannt. Lars Dietrich spürt, dass Luise tot sein will. In diesem Moment. Lars Dietrich weiß, dass Luise nicht hören will, was Lars Dietrich sagen muss. Heute, an diesem Tag, drei Monate nach jenem Tag, an dem Luise ihre Angst entdeckt hat. Nein. Haucht Luise. Nein. Das darfst du nicht. Lars Dietrich. Das sollst du nicht. Lars Dietrich streicht über Luises rote Haarsträhne. Diese lockige Strähne, die sich immer wieder ins Gesicht hinein verirrt. Er schiebt diese Strähne zurück an die richtige Stelle, von der sie hergekommen ist. Sachte. Warte. Heißt das. Lass es zu. Heißt das auch. Ich bin dein Mann. Luise. Du musst mir zugestehen, dass ich fühle. Wie ich fühle. Was ich fühle. Sagt er. Sagt Lars Dietrich. Es ist schrecklich für mich, dass du dich quälst. Tag für Tag. Mit dem Geld. Es ist schrecklich für mich, dass ich in deiner Wohnung lebe. Und nicht in unserer. Es ist schrecklich für mich, zu sehen, dass du auf meinen Durchbruch wartest. Luise. Der nicht kommt. Luise. Vielleicht nie kommt. Der Durchbruch. Luise. Es ist schrecklich für mich, wenn ich weiß, wie satt du alles hast. Und es ist schrecklich für mich, wenn ich weiß, dass du es satt haben solltest. Es aber nicht satt haben willst. Wegen mir. Deinem Mann. Es ist schrecklich für mich zu wissen, dass es dir bei einem anderen Mann besser gehen kann. Als bei mir. Luise. Denn bei mir ist bei dir. Du sorgst für mich. Und du sorgst für dich. Und du sorgst für alle anderen. Die deinen Rat zu brauchen glauben. Doch für dich sorgst du zu wenig. Luise. Und wenn du mehr für dich sorgst. Dann fühle ich mich auch schrecklich. Denn dann blühst du neben mir. Ohne mich. Oh, Luise! Und Lars Dietrich krampft eine Männerhand über seinem Gesicht in sein Gesicht und weint. Und Luise will tot sein. Luise würde tot sein wollen. In diesem Moment, wenn sie nicht wüsste, dass ihr Mann dann auch tot sein wollen würde. Und das will Luise nicht. Luise liebt nämlich ihren Mann. Und der quält sich. Und der quält sie. Und sie liebt ihn, Heute, dafür, dass er sie quält. Mit seiner Qual. Und Luise lässt locker. Sie will nicht mehr tot sein. Sie wird ganz Leben. Ganz lebendiger, warmer, weicher Körper. Der flutet. Und Seele. Die flutet auch. Alles von Luise flutet zu Lars Dietrich. Der weint noch immer. Der Lars Dietrich. Und Luise sagt nun auch etwas. Luise sagt. Lars Dietrich. Du hast Recht. Du hast in jeder Hinsicht mit Allem Recht. Aber ich bin glücklich. Selbst wenn ich alles satt habe, bin ich glücklich. Und wenn es aussieht, als würde ich das für dich machen. Oder für uns machen. Dann mache ich das Alles doch im Grunde für mich. Weil ich dann glücklich bin. Ich weiß es nur nicht immer. Dass ich glücklich bin. Aber im Moment, da weiß ich es. Da weiß ich, dass ich glücklich bin. So. Wie es ist. In diesem Leben. In meinem Leben. In diesem Augenblick. Also fühle dich nicht schrecklich. Lars Dietrich. Bitte. Fühle dich frei! Und nun weint auch Luise. Und Lars Dietrich und Luise halten sich an der Hand. An der rechten Hand von Luise und an der linken Hand von Lars Dietrich. Und sie weinen miteinander um die Wette. Aus Rührung weinen sie. Und aus Überanstrengung weinen sie. Aus Müdigkeit weinen sie auch. Und weil Heute ein Damm gebrochen ist. Ein Damm bei Luise. Und ein Damm bei Lars Dietrich. Ein Staudamm angestrengter Höflichkeit, der alles hat Fernhalten sollen, was nicht zuzulassen ist. Heute, in der Küche, beim brainstormen von Lars und Lars und Luise ist er gebrochen. Der Staudamm. Und die Wahrheit hat Einzug gehalten. Und die Wahrheit ist nie verkehrt. So weiß die kluge Luise. Aber die Wahrheit ist immer gefährlich. Und der Lars Dietrich weiß das auch. Und in der Nacht, als bei Mann und Frau die Ebbe auf Flut folgen darf und die Augen wieder trocken und die Nasen geschnäuzt mit dem Mond um die Wette glänzen. Da können sie es doch nicht lassen. Die Luise und der Lars Dietrich. Und Luise schreibt ihr Gedicht „Das Netz der Spinnen“ und Lars Dietrich sein Lied „Glitzernde Träne“. Doch auch dieser Song bringt ihn nicht. Den Durchbruch. Für den Lars Dietrich. Den bringt etwas ganz Anderes. Heute. Vor einem Jahr. Also eineinhalb Jahre, nach jenem Tag, an dem Luise alles so satt gehabt hat. Aber das wissen sie noch nicht. Die Luise und der Lars Dietrich. Heute. In der Tiefe der Nacht. Drei Monate und einen Tag, nach jenem Tag, an dem Luise ihre Angst entdeckt hat. Und das ist auch gut so.




Paganini, der Kater, in der Redaktionskonferenz:

Kitsch as Kitsch can!
Ob nicht bald die ARD das Ganze als Vorabendserie...!?

Und ein tanzender, schwarzer Kater-Schwanz und ein Schnurren machen sich breit.
In der Chefetage der Paganini´s-Redaktion.


Sonntag, 10. August 2014

Kapitel No. 9

 

IV. Episode in einer (langen!)Szene und einer Kürzeren!



Gustav Klimt


IX


Und dieser neue Tag, ist der Tag, weitere drei Monate, nach jenem Tag, an dem Luise ihre Angst entdeckt hat. Nicht aufgedeckt, wohlgemerkt. Aber entdeckt. Angst ist Angst! Hat Luise sich gesagt. Und dann hat sie das erst einmal so stehen gelassen. Denn wann die Angst ihr Gesicht zeigt, das bestimmt die Angst. Und die hat sich noch einmal in ihre Höhle zurückgezogen. Die Angst. In eine komfortable Höhle. Im zaubervollen Irrgarten des Innen von Luise. Und hat sich noch ein wenig Zeit genommen, um zu schlafen. Und Luise ist an diesem neuen Tag, also Heute, ganz wach. Sie macht etwas, das sie sonst nur alleine macht. Sie macht das, was Lars und Lars dagegen täglich, in der Gemeinschaft miteinander, tun. Luise macht Heute Brainstorming. Mit Lars und Lars. Nicht nur Lars und Lars stecken also die Köpfe zusammen. Nein, Luise steckt ihren roten Schopf mitten rein. Lars Dietrich hat den Vorschlag vor zwei Tagen, aus der Tiefe der Nacht kommend, die ihn zu seiner Frau unter die Bettdecke schlüpfen ließ, mit dem ersten Sonnenstrahl überbracht. Wir Drei sollten mal ausgiebig brainstormen! Hat er Luise an den Hals geflüstert. Aha! Hat Luise gemurmelt. Weißt du, Luise, wir Drei sollten mal ausgiebig darüber reden, wo das alles hinführen könnte. Und wo es hinführen sollte. Und wo es hinführen müsste. Du weißt schon, Luise. Damit Du wieder weißt. Und Luise wunderte sich. Über Lars und Lars. Nie haben sie sich um etwas gekümmert, das sie nicht bekümmern musste. Bis Jetzt. Und in diesem Augenblick, also Heute, sitzt Lars in der Küche von Luise und Lars Dietrich. Lars hat den eigentümlichen Zug seines Mundes von zynisch auf analytisch gestellt. Luise soll Vertrauen fassen. Lars denkt nach. Lars denkt mit. Nicht subjektiv zum Eigennutz. Nein, objektiv zum Wohle Aller. Sozusagen. Luise ist amüsiert. Was wollen die Beiden? Jetzt oder Nie? Sein oder Nichtsein? Viel Geld oder wenig Geld oder Hartz IV? Gold und Silber für Luises Dekollete oder Geld für die Kunst? Wohlstand für die Dame oder Mäzenatentum? Lars und Lars Dietrich wechseln einen vielsagenden Blick miteinander. Lars moduliert den Zug um den Mund von analytisch auf sensibel. Werde nicht unsachlich, Luise! Bitte! Es geht hier nicht um uns! Es geht um Dich! Erneut wechselt der Blick von Lars den Blick mit Lars Dietrich. Nun bist Du dran. Lars Dietrich. Alter Freund. Heißt dieser Blick. Luise zieht an ihrer Zigarette. Angespannt, sehr angespannt sieht das aus, wie Luise an ihrer Zigarette zieht. TickTack-Taktik! Flüstert sie unbestimmt vor sich hin. Während wir hier in der Küche herum sitzen und brainstormen – und dieses Wort brainstormen verunglimpft sie durch ein gekünsteltes Lispeln - , während wir hier also brain-ssssstor-men, könnte ich an meinem Telefon sitzen und eine halbe Million verdienen! Also! Was wollt ihr? Was soll das? Und Luise zeigt deutlich, dass sie Zicke spielen kann. Und Lars Dietrich lässt den Mann im Mann zur Sprache kommen: Der Punkt. Der Grund. Für das Sit-In. Der liegt im Malheur. Der liegt in Null Management. Seriös funktioniert nicht. Das führt zum Desaster. Das führt zu wenig Verdienst. Aber zu viel Engagement. Zu viel Engagement ohne Anerkennung. Führt das. Luise. Da ist kein wirkliches Ziel. Luise. Das Du vorgibst. Dir vorgibst. Luise. Da ist nur ein Telefon, das pfeift. Und Du springst hin und wedelst mit dem Schwanz. Wie ein glückliches Hündchen. Wedelst Du mit dem Schwanz. Luise. Also müssen wir Drei, Hier und Heute, in dieser Küche brainstormen! Und Lars Dietrich gibt dem Gesagten Gewicht. Gibt ihm Takt. Gibt ihm Bumms. Denn er schlägt bei jedem Wort mit drei Fingern auf die Tischplatte: Darum – wumms - müssen – wumms – wir – wumms - Drei – wumms – endlich – wumms – einen – wumms – sinnvollen – wumms – Weg – wumms – finden – wumms!!! Und Luise erbebt. Jetzt oder Nie!  Alles oder Nichts! Sagen Lars und Lars. Zu ihr. Zu Luise. Und Luise ist perplex. Wann habt ihr das miteinander ausgeheckt? Und was, vor Allem, habt ihr miteinander ausgeheckt? Worin besteht Euer Vorwurf? Was gibt Euch das Recht, Euch Beiden, mir etwas vorzuwerfen? Luise ist empört. Luise ist erschöpft. Wer zahlt denn die Miete der Küche, an deren Tisch die Drei nun sitzen? Lars Dietrich oder sie, Luise? Und durch was zahlt Luise diese Miete? Durch ein pfeifendes Telefon? Durch Schwanzwedeln? Luise dreht sich eine neue Zigarette. Aus tiefschwarzem Tabak. Tabak aus France. Sie nimmt einen tiefen Zug, des tiefschwarzen Tabaks und schwärzt sich die Seele. Und schwarze Wolken hängen über dem Tisch und über ihrer weißen Stirn. Lars dreht sich nun auch eine Zigarette aus Luises aromareichem Blatt. Erst mal Nähe schaffen! Denkt er. Die gleiche Beschäftigung der Finger, plus gemeinsames Einräuchern, aus simultan gerauchten Glimmstengeln, schafft Gemeinschaft. Schafft Team-Geist. Friedenspfeife. Sozusagen. Dann zieht er einen Mundwinkel, es ist der Rechte, minimal nach oben. Ich mag dich. Luise. Du bist die Beste. Du bist die Liebe meines Freundes. Die Liebe seines Lebens. Du bist die immerwährend kluge Luise. Lars unterbricht seine Rede. Er bemerkt ein zunehmendes Wippen von Luises linkem Fuß, der elegant über ihr rechtes Bein geschlagen, in der Luft schwebt. Lars konzentriert sich. Und, Luise, du bist schön! Innen und Außen schön! Hier lässt Luise ein hysterisch anmutendes Prusten, die Schwaden des Rauches, in Stücke reißen. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen. Lars. Denkt Lars. Bleib dran am Ball. Gleich hast du ihn. Drin. Im Tor. Denkt Lars auch. Nun sucht sein Blick die Augen von Luise. Er fixiert Luise. Er hält Luise in seinem Bann. Er gibt ihren Augen keine Chance zur Flucht. Er hält sie gefangen. In diesem Augen-Blick. Wir Drei, Luise, wir sind modernes Prekariat. Das weißt du. Das weiß ich. Das weiß Lars Dietrich. Luises Augen weiten sich. Doch Luise schweigt. Pre-kar-iat! Luise. Wir sind hochqualifiziert. Wir Alle Drei. Wir verdienen nichts. Oder wir verdienen wenig. Oder wir verdienen mal viel und dann wieder mal nichts. Wir fahren Taxi. Oder wir sitzen an der Kasse. Oder wir gehen putzen. Selten nur, bekommen wir die Miete durch unsere Qualifikation, unsere Künste, finanziert. Luises blasse Haut wird an dieser Stelle leichentuchweiß. Wovon redet Lars? Denkt Luise. Lars zahlt keine Miete. Und Lars Dietrich zahlt keine Miete. Denkt Luise weiter. Lars Dietrich bekommt die Miete von mir gesponsert. Und Lars lebt gemütlich in der Eigentumswohnung, die ihm seine Eltern gekauft haben. Heute, vor einem Jahr. Doch Luise sagt keinen Mucks. Und Lars entlässt ihre Augen noch nicht aus seinem Blick. Luise hört mit starrem Blick. Und du, Luise, und du bezahlst deine Miete durch ein pfeifendes Telefon. Das ist nicht von mir. Haha! Luise. Wie du weißt. Das hat Lars Dietrich gefunden. Die  Metapher. Haha! Ist er nicht großartig. Und ein verklemmtes Lachen, schüttelt seinen schmächtigen Oberkörper. Hihihi! Luise blickt unverwandt in eine andere Richtung. Lars ist peinlich! Findet Luise. In diesem Moment. Lars ist ungeheuer peinlich! Und Lars ist ungeheuerlich! Und Lars ist unfähig! Unfähig zu jedweder, verständlichen Kommunikation! Das denkt Luise auch noch. Und: was soll das jetzt Alles? Das fragt Luise nun doch. Was soll das, Lars? Was willst du mir eigentlich sagen? Und Lars beißt sich nun auf den Mund. Und Lars ordnet seine Haare. Genauer, er fährt sich mit drei Fingern über den lichten Oberkopf. Und dann zeigt er, Heute, doch noch diesen Zug um den Mund. Den Zynischen! Wir Alle! Raunt Lars. Wir Alle Drei wissen doch, dass deine Berufung NICHT darin liegt, dich von neureichen Damen über den Tisch ziehen zu lassen! Luise blickt jetzt unverwandt in Lars Augen hinein. Hypno-Blick. Schlange Shir Khan. Ich bestehe nur noch aus Pupille, Pupille, Pupille! Gedankliche Affirmation. Zu sich selbst. Unhörbar. Jetzt! In diesem Moment! Luise hypnotisiert sich selbst. Lars spiegelt sich in ihren Pupillen. Dieses kluge Weib hört ihm zu. Heute. Endlich. Endlich kann er reden. Frei Schnauze bekennen. Dass er weiß. Wer da vor ihm sitzt. Als Luise. Ich weiß! Sagt Lars in moderatem Ton. Ich weiß, was du mir nun erwidern möchtest! Und seine Hand erhebt sich. Schweige noch. Luise. Schweig. Heißt das. Sicher! Du hast Kurse belegt! Scheine gemacht! Zertifikate und Urkunden! Luise! Urkunden, auf die Jeder scheißt! Wie du weißt! Zertifikate ohne Wert! Ungültiges Papier! Scheißdreck! Luise! Und damit verdienst du dein Geld! Luise! Weil du mit deinem Studium und deinem summa cum laude kein Geld verdienen konntest! Luise! Prekariat! Luise! Kunstsinnige Luise! Feinsinnige Luise! Da scheißen die nämlich drauf! Deine Kunden! Pardon! Deine Klienten! Luise! Die lachen über dich! Luise! Im stillen Kämmerlein lachen die! Über dich und deine Preise! Luise! Und über dich und dein Herz! Luise! Über dein, ach, so gutes Herz! Da scheißen die nämlich auch drauf! Luise! Alle! Und Luise spürt ihr Herz. Sie spürt kein gutes Herz. Sie spürt ein wundes Herz. Und sie spürt kein sanftes Herz. Sie spürt ein wütendes Herz. Bumbumbumbumbum. Herz-Poltern bei Luise. Ihre Augen schweifen nun, um Beistand flehend, in Richtung Lars Dietrich. Dieser weicht Luisens Appell schulterzuckend aus und blickt seinerseits zu Lars. Dem Freund. Und ein Nicken des Kopfes von Lars Dietrich sagt: Leider, leider muss ich Dir Recht geben. Lars, Du Guter! In nahezu Allem! Recht geben! Und Luise erstarrt. Was – wumms – wollt – wumms – ihr – wumms – von – wumms – mir? Wumms! Und die zarte Hand, knallt ein letztes Mal, donnernd auf die Platte, eines vibrierenden Tisches. Wummms! Und Lars und Lars sagen unisono: Ein Konzept. Liebe Luise. Wir wollen ein Konzept von dir. Ein Konzept, das Sinn ergibt. Ein Konzept, das auf stählernen Füßen steht. Wir wollen ein Management-Konzept! Und die Männer scheinen sehr froh zu sein. Dass das jetzt raus durfte. Das Anliegen. Der Grundgedanke. Der hinter diesem Treffen steht. Einem Treffen, dem ein Brainstorming folgen soll. Und Luise kennt nun kein Halten mehr. Das ist eine Intrige. Ein Angriff. Von zwei Männern. Auf sie. Die  Frau. Ja, habt ihr sie denn noch alle?  Luise schreit nicht. Seid ihr noch ganz bei Trost? Luise schreit immer noch nicht. Ihr hängt von früh bis spät einfach nur ab. Ihr tut von früh bis spät einfach nichts. Warum auch? Irgendwo gibt es immer eine Suppe. Und irgendwo gibt es immer ein Dach überm Kopf. Nein, Luise könnte wesentlich lauter sprechen. Sie schreit wirklich noch immer nicht. Und ihr traut euch Heute, mir diesen Bullshit zu unterbreiten? Und nun schreit Luise: Raus! Alle Beide! Ich will jetzt ar-bei-ten! Und Erschütterung breitet sich aus. In diesem Augenblick. An diesem Tag, drei Monate nach jenem Tag, an dem Luise ihre Angst entdeckt hat. Also Heute. Erschütterung breitet sich aus, in der Küche von der Luise. Und Erschütterung breitet sich aus, in drei Seelen. In der Seele von Lars und Lars, weil sie nun wissen, was Luise wirklich von ihnen und ihrer Kunst hält. Nämlich Nichts! Und im Herzen von Luise. Denn das fühlt sich bedroht und betrogen. Betrogen und bedroht. Um Alles. Um die Liebe. Um Lars Dietrich. Um sich selbst. Und um den Glauben an Lars Dietrich und Luise. In guten wie in schweren Tagen. Betrogen und bedroht. So fühlt sich das Herz nun. Das Herz und die Luise. Und ein Schweigen, nach Donnerhall, breitet sich aus. In der Küche. In der Wohnung. In Neukölln. Und Schweigen ist immer das Schlimmste! Lars Dietrich ist der Erste, der den Versuch unternimmt, das Schweigen konstruktiv zu brechen. Luise! Sagt er, mit einer Stimme, die deutlich die Verletzung seiner Manneskraft erkennen lässt. Luise! Du siehst das zu einseitig! Wir sind nicht gegen dich! Ich bin nicht gegen dich! Lars Ausdrucksweise ist sehr authentisch! Zugegeben Aber Lars ist eben ein authentischer Typ! Und Lars sitzt heute hier, in UNSERER Küche, weil er was versteht! Vom Management! Weil ihm Ideen gekommen sind! Zu dir und deinem Job! Und diese Ideen könntest du dir anhören! Ohne sofort in die Luft zu gehen! Wieder entsteht ein gefährliches Schweigen. Luise hat den Ellenbogen auf den Küchentisch gestützt. In ihre Hand gebettet, liegt ihr Gesicht, weitgehend verdeckt von roten Locken. Der Tisch steht bereits wackelig auf seinen vier Beinen. Und ein leichtes Zittern liegt auf Luise. Ich höre! Flüstert ihr Mund. Ich höre zu!  Und wenn ihr zu Ende gesprochen habt. Dann lasst mich bitte allein. Brainstormen. Mit mir! Lars sucht wieder den Blick von Luise. Der Zug um seinen Mund ist eindeutig ohne Tücke. Ausschließlich sensibel und mitfühlend. Ganz sanft. Auch der Blick, mit dem er Luise gefangen hält, ist weniger penetrant als zuvor. Luise! Wir haben dich in der letzten Zeit einfach nur beobachtet. Ganz ohne Wertung. Nur gesammelt. Eindrücke von deiner Arbeit gesammelt. Seriös. Zertifiziert. Ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Alles o.k. Doch dann kommen solche Damen, wie Jeanne, solche Damen und du gehst auf Schlingerkurs! Hier stöhnt Luise auf. Lars Dietrich! Sagt sie. Fast unhörbar. So geschwächt ist sie inzwischen. Von den Männern. Ich halte mich an mein Versprechen der Diskretion. Diskretion, gegenüber den Kunden, ist oberstes Gebot! Warum also, um Gottes Willen, kennt Lars den Namen von Jeanne? Doch Lars spricht einfach weiter. Deeskalation, heißt seine Devise. Deeskalation und Offenheit. Unbedingte Offenheit in Blick und Ton. Es ist gut, dass dein Mann mir von Jeanne erzählt hat! Das bleibt unter uns. Versteht sich. Und nur der Vorname. Was ist der schon wert. Nein, Luise. Werde nicht kleinlich. Höre! Höre einfach mal zu! Es geht nicht um Jeanne. Es geht ums Prinzip. Luise. Darauf kommt Alles an. Auf das Prinzip. Und du hast Keines. Luise. Du hast kein Prinzip. Denn kaum kommt solch eine Dame in dein Leben, Luise, in deine Beratung. Da lässt du dich auf Sonderkonditionen ein. Lässt dich auf Sonderkonditionen ein, obwohl solch eine Dame im Geld schwimmt. Ist das seriös? Luise. Ist das fair? Luise. Den anderen Klienten gegenüber? Luise. Und dir selbst gegenüber? Luise. Und dann horchst Du gebannt auf den Bericht eines Lebens. Luise. Eines Lebens in Saus und Braus. Wie man sagen könnte. Und stehst unter diesem Bann, diesem sehr unguten Bann, weil du selbst gerne in solch einem Leben, mit Braus und Saus, Hihi, leben wolltest. Wieder ein Stöhnen von Luise. Ja. Luise. Jetzt stöhnst du. Jetzt leugnest du alles ab. Aber es ist wahr. Luise. Und du weißt das auch Luise. Und an diesem Punkt, hat solch eine Dame dich in der Hand. Luise. Und macht eine Marionette aus dir. Luise. Und dann bist du eine Marionette. Und nicht mehr seriös. Luise. Denn dann beginnt der Schlingerkurs. Ohne Ziel. So ein Kurs. Da bist du nicht mehr Herr der Lage. Luise. Da übernimmt solch eine Dame, ohne Namen, solch eine Dame, die Regie. Und du verdienst noch nicht einmal etwas damit. Denn da sind ja die Sonderkonditionen. Und du benötigst auf einmal neue Garderobe. Luise! Und Lars blickt an dieser Stelle nicht zu Luise. Nein, sein Kopf dreht sich in Richtung Kaffee-Pad-Automat. Und letztlich. Luise. Letztlich ist außer Spesen nichts gewesen! Und hier schweigt nun Lars endlich. Und Luise zuckt müde mit der Schulter. Der freien Schulter. Der Schulter, an der nicht ihr Kopf lehnt. Der Arme. Der Erschöpfte. Der Kopf von Luise. Ich soll! Nimmt Luise mit gebrochener Stimme Anlauf. Ich soll eine bessere Geschäftsfrau werden! Das ist das Ziel! Das ist das Prinzip! Geschäftsfrau! Nicht wahr? Und die Männer wechseln wieder einen Blick, vom Einen zum Anderen. Der Blick von Lars Dietrich transportiert Anerkennung. Anerkennung für Lars. Den Freund. Der Blick von Lars zeigt vorsichtigen Triumph. Er hat Luise besiegt. So will er meinen. Sie hat das Prinzip verstanden. Ja, Luise! In diese Richtung sollten wir brainstormen! Solltest du brainstormen! Für dich selbst! Luise! Nur für dich! Luise! Denn nur seriös! Luise! Nur qualifiziert! Luise! Das ist auf Dauer kein Weg! Seriös ist zu wenig! Das ist prekär! Wie gesagt! Prekariat! Das bist du schon gewesen! Vor diesem Job! Prekariat! Dafür brauchst du kein Telefon! Da reichen deine Gedichte! Die reichen da vollständig aus! Für Prekär!  Für Berufung! Und all das, was an der Berufung so hängt! Da reichen die aus! Die Gedichte! Aber hier geht’s nun einmal um Geld! Sonst wird das Alles sehr schmerzlich! Für dich! Luise! Und das wollen wir nicht! Wir Alle! Wir Drei! Dass es schmerzlich wird! Das will Keiner von uns! Und an dieser Stelle endlich endet Lars. Lars und sein Gedankengang. Denk einfach mal darüber nach! Sagt nun Lars Dietrich. Das ist wirklich gut gemeint. Vom Lars. Von uns. Denk einfach mal nach! Kann doch nicht schaden! Und Luise schenkt Lars Dietrich einen sonderbaren Blick. Ja! Sagt sie. Jetzt haltet endlich Euren Mund! Ich denke nach! Und dann steht sie auf. Die Luise. Ganz ruhig und besonnen. Steht sie auf. Läuft ins Bad. Ein Schnäuzen ist zu hören. Die Männer wechseln wieder einen Blick. Wir verschwinden jetzt besser. Heißt das. Und Luise verlässt das Bad. Sehr gefasst. Sieht sie aus. Die Luise. Und mit geradem Rücken, setzt sie sich an den Schreibtisch und blickt auf ihr Telefon. Lars Dietrich steht ein wenig unbeholfen in der Tür zum Arbeitszimmer. Ist es dir lieber, Luise, wenn ich bei dir bleibe? Eine rhetorische Frage. Eine geschickte Frage. Eine durchsichtige Frage. Luise versucht ein Lächeln. Luise schüttelt den Kopf. Geh Du nur! Mein Du! Mein Herz! Geh! Heißt das. Und Lars und Lars ziehen ganz sachte die Wohnungstür hinter sich zu. Und Luise bleibt erstarrt vor ihrem Telefon sitzen. Kennt sie die Welt? Kennt sie die Menschen? Kennt sie sich? Kennt sie Lars? Und kennt sie Lars Dietrich? Letzteres, vorrangig, scheint ihr des Pudels Kern zu sein. Sie hat hingeschaut, zu Lars Dietrich, mit nie verzagender Liebe. Und zu Lars hat sie hingeschaut, weil er ein Dorn in dieser Liebe zu Lars Dietrich ist. Und nun, in diesem Augenblick, also Heute, drei Monate, nach diesem Tag, an dem sie ihre Angst entdeckt hat, ist sie gezwungen, neu hin zu schauen. Auf Lars und Lars. Auf sich. Auf die Menschen. Auf die Welt. Und ihre Welt ist Lars Dietrich. Wenn diese Welt in sich zu faulen beginnt. Na, dann Feierabend, Luise! Feierabend, Telefon! Feierabend, Beratungsethos! Feierabend, Leben! Denn dann macht nichts mehr Sinn. Ich schau weg! Denkt Luise. Nichts Wesentliches ist passiert! Zwei unreife Männer haben sich ein wenig aufgespielt. Das ist Alles. Nichts Neues. Eigentlich. Nichts, von Wichtigkeit. Und Luises armes Herz gibt keinen Bums dazu ab. TickTack-TakTik. Es zahlt sich aus. Das Leben wird leichter sein. Luise wird seriös bleiben können. Und Luise wird damit dennoch Geld verdienen können. Genug Geld ist genug. Das geht auch seriös. Das muss genügen. Das muss auch Lars Dietrich genügen. Und das muss Lars genügen. Denn der sitzt nicht mit im Boot. Was geht den das denn überhaupt an, diesen Voll-Id-io-ten! Fragt sich Luise. Hinter ihrer weißen Stirn fühlt sie ein Hämmern. In ihren zierlich geformten Ohren, hört sie ein Rauschen. Diese Stimmen. All diese Stimmen in ihrer Seele. Die Stimme Jeanne. Leben. Luise. In Saus und Braus. Die Stimme Carina. Ich brauche dich jetzt. Hörst Du? So sehr brauche ich dich. Die Stimme Lars. Die scheißen drauf. Auf dein Herz. Luise. Die Stimme Lars Dietrich. Denk nicht an Dich. Luise. Denk nur an mich und die Kunst. Ich brauch dich doch, Luise. Für die Kohle. Da brauche ich dich. Hat Lars Dietrich das gesagt? Nein. Luise. So hat das der Lars Dietrich nicht gesagt. Luise will nicht hinhören. Luise will nicht hinschauen. Luise will weiter lieben. Luise will weiter machen. Luise will weiter denken. Dass es sich auszahlt. Irgendwann. Und dann stellt sie ihr Telefon stumm. Und Luise legt sich auf ihr Bett. Das gemeinsame Bett. Das nach Luise und Lars Dietrich duftet. Und schläft ein. Schläft sich weg. Aus diesem Tag hinaus. In Träume hinein. Nicht wissen. Nicht sehen. Nicht hören. Nicht reden. In diesem Moment!