Die wunderbare Undine...

...schwimmt (und liebt) nun endlich im Kino!


Die Chefredakteurin berichtet


Mit Katzen-Maske im Passage-Kino, Neukölln



Von Christian Petzolds neuem Film, der bereits auf der diesjährigen Berlinale für ziemlich begeistertes Aufsehen sorgte und Paula Beer einen Bären brachte, war viel zu erwarten und die Vorschuss-Lorbeeren, die ich mit ins heimatliche (Rixdorfer) Passage-Kino brachte, ein wahrlich dicker Strauß. Die Berlinale-Kritiken, wenngleich durchaus polarisierend, zweifelten allenfalls auf anerkennend hohem Niveau an der Kraft dieser Undine, sofern sie nicht ausschließlich Lob und Beifall bekundeten. 
Petzold ist, da ist wenig drumherum zu reden, deutsches Kino für Bildungsbürger. Da konnte in der Vergangenheit so manchem Kino-Gänger schon mal das Eine oder Andere im Film zu manieriert, zu intellektuell verbrämt und dadurch leicht anämisch oder zu artifiziell erscheinen. 
Um Liebe ging es gewöhnlich immer, in den Filmen des Regisseurs, um sensible Gefühls-Gewächse, die in politische Verhältnisse verstrickt wurden und gegen menschliche Abgründe (auch im Liebenden selbst) anwachsen mussten. Etwas Poetisches lag dennoch (wie ein guter oder böser Zauber) in der Atmosphäre hinter jedem Plot.

Ich erwartete also durchaus, dass diese Undine mitunter leicht blutleer und verkopft, an mancher Stelle gar verquast wirken könne. Zumal über die (angeblich weit ausholende) Kritik des Filme-Machers an städtebaulichen Verirrungen im modernen Berlin, ausgiebig in den Zeitungen zu lesen stand. Aber insgesamt beherrschte mich eine große Vorfreude, sicher auch, da es nun doch eine gefühlte Ewigkeit her zu sein schien, in einem realen Kino zu sitzen. 
Die Karte wurde online gesichert und ausgedruckt, die Mund-Nase-Schutz-Maske frisch gebügelt angezogen. Klar, da wird natürlich kein auflockernder Drink im plüschigen Foyer hinter die Binde gekippt, da folgt man nur mit Abstand und im Trippel-Schritt den Pfeilen, die in ein Labyrinth von Absperrungen hinein lotsen, vorbei an maskierten Menschen hinter Plexi-Glas-Scheiben, aber immerhin, irgendwann sitzt man im Corona-Kino auf dem, im Ticket als Nummer angegebenen, Samt-Sitz und freut sich, dass man im Kino-Saal drinnen ist. Und der sieht dann gottlob so aus, wie er eben auch vor Corona ausgesehen hat. Nur ziemlich leer ist er geblieben, an diesem Sonntag-Nachmittag. Gezählt habe ich ganze 10 Besucher, einschließlich meiner Person. 

Nun ist es geschehen, das Verplappern setzt ein, hier sollte es doch wahrlich nur um die Begeisterung über diesen Film gehen. 
Und die ist noch immer, mittlerweile 3 Tage nach Erleben, so betörend spürbar und durch die Tage tragend, dass ich eigentlich keine Kritik schreiben wollte. Erstens, weil ich inzwischen ganz wunderbare Rezensionen zu diesem Film gelesen habe (mir erscheinen die Kritiken berauschter, jetzt, zum Kino-Start als während der Berlinale?!) und zweitens, weil es manchmal so ist, dass sich Glück nicht vermitteln lässt und die Worte fehlen. Und echtes Kino-Glück kenne ich weit weniger, als ich großartige Filme gesehen habe. Glück ist, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und Glück ist eine Schwingung, die etwas in Gang setzt. So wie es dann dieser Undine im Film passiert, der damit beginnt, dass sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort schnöde verlassen fühlt, um dann durch genau dieses (durch und durch und immer schon) Falsche, genau im Richtigen zu landen, das sich mit großem Sprung und viel Nass über sie ergießt und in die Arme des wahrhaft liebenden Christophs spült. Wasser ist tief und unkontrollierbar. Gott sei Dank. Leider, leider!

Wasser folgt seinen eigenen Gesetzen. Diese sind elementar, archaisch, mythisch. Wir wissen das Alle. Zum Beispiel aus der uralten Weise über "Undine"!

Es ist meisterlich gelungen, wie Petzold die verschiedenen Ebenen miteinander verwebt und in- oder umeinander fließen lässt: Den Mythos mit der modernen Alltags-Realität Berlins. Die Psychologie mit der Unlogik eines Banns, unter dem eine selbstbewusste, ganz heutige Historikerin steht, die eben (ganz selbstverständlich) auch ein, durch Jahrhunderte existierender, Elementar-Geist ist.

Die andere  Seite, das unheimlich Anmutende und dennoch entrückend Berückende findet der Film in seinen Bildern "unter Wasser". Nur ein Kino-Saal kann diesen Zauber tatsächlich vermitteln, die ausgeklügelte, brummende Ton-Spur in der Magengrube des Zuschauers vibrieren lassen. Ach, herrlich. Petzold nimmt den Mythos ernst. Nur so entsteht diese intensive Spannung in der Reibung an der Moderne. Am Ende siegen Beide. Die Legende darf Undine zurück in ihr natürliches Element befehlen. Doch die hat sich inzwischen zeitgemäß emanzipiert und entwickelt. Sie tut zwar, was sie tun muss. Doch sie nutzt auch ihre Freiheit durch die Gnade des Loslassens. Es lebt die Liebe!



Hintergründe zum Film etca. wie immer in Wikipedia--->

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