Denn wie man sich bettet...
...so liegt man (im Grab)...
Caspar David Friedrich, Friedhof im Schnee @CC |
Wohin, Wanderer, zieht es uns, an einem Sonntag, einem grauen Sonntag im November, an dem die Luft lau daher kommt, aber feucht und modrig riecht?
Das fragten sich die Paganini´s, also wir, an einem grauen Sonntag im November in Berlin.
Eine Redaktions-Konferenz stand nicht an und so beschlossen wir (kurzerhand und ganz inoffiziell):
Wir inspizieren einen Friedhof. Irgendeinen unspektakulären Friedhof mitten in Berlin. In einem Bezirk in Berlin allerdings, der sowohl gute als auch schlechte Zeiten kennt und nun aus eher noch schlechteren Zeiten langsam erwacht.
Ein grauer Bezirk also, im manchmal bunten und manchmal sehr grauen Berlin.
Vor allem im November ein sehr grauer Bezirk im unglaublich grauen Berlin.
Wo eine Kirche ist, ist ein Friedhof nicht weit, manchmal zumindest und die von uns gewählte Kirche, deren Kirchturmspitze wir fest im Blick behielten, während wir Kopfsteinpflaster und dazugehörige Gassen mit unserem Schuhwerk zittern machten, schien uns vielversprechend.
So standen wir also alsbald vor einem verwittert aussehenden Tor, das "Zum Gottesacker" (oder so) als Inschrift in seinem Bogen zeigte.
Hurra, wir sind da!
Sagten wir uns.
Was wir hier wollen ist nicht mehr wichtig. Das Sonntags-Ziel ist schließlich (fast) erreicht. Und im Friedhof wollen wir das, was man da als Sonntags-Wanderer so will, nämlich Kontemplation und Besinnung auf Endlichkeit. Das bringen wir ohne viel Brimborium rasch hinter uns.
Gesagt, getan ?
Es ist ein Sonntag im November in Berlin und wir sind noch immer Provinzler genug, um vergessen zu haben, dass in dieser Stadt nicht nur die Kirchen sondern auch die Friedhöfe eigentlich immer der Besucher wehren, also verschlossen sind.
"Und dann haben die zu mir gesagt, der Friedhof braucht doch Tage der offenen Tür. Und da habe ich gesagt: Nur wenn ich Personenschutz erhalte!
Und dann hatten wir die Tage der offenen Tür.
Und ich hatte keinen Personenschutz. Und dann kamen die Randalierer.
Und nun bleibt das Tor geschlossen."
Gott sei Dank!
Denken wir, die Paganini´s.
Nur ein Geschlossenes kann exklusiv geöffnet werden!
Gottfried , der eigentlich Erwin heißt (und noch eigentlicher Weder Noch, denn er besteht auf Anonymität) ist der gute Geist, der sich unser erbarmt. Den Schlüssel, riesenhaft, dreht er im Schloss und lässt uns ein in sein Reich.
Sein Ein und sein Alles:
"Friedhof ist ein Politikum!"
Und:
"Offene Worte sind nicht erwünscht. Nicht von dieser Maschinerie. Nicht von dieser Bürokratie.
Nicht von der Friedhofsverwaltung!"
Uns dämmert im Grau des Novembers, durch das Ächzen faulender Blätter unter unseren Sohlen:
Kontemplation finden wir Heute nicht. Nicht auf diesem Friedhof an einem Sonntag im November in Berlin!
Und Gottfried der eigentlich Erwin heißt, führt uns.
Auch ein grauer Bezirk, der graue Zeiten kennt, hat Honoratioren mit Familiengruften, Putten, Inschriften und architektonischem Schnickschnack zu verzeichnen.
"Ja, das war einmal. Pracht und Prunk. Die Bestattungs-Tradition stirbt aus.
Nun leben wir vom Aldi-Grab. Anonymen-Bestattung oder Massengrab.
Als die mir 6 Urnen an einem Tag brachten, hab ich gestreikt.
Ein bisschen Vorbereitung muss sein. Und ein bisschen Pietät muss sein. Frack und Zylinder.
Und Zeit. Wenn da schon kein Name steht. Aber Friedhof, das ist ein Unternehmen.
Das braucht Verträge mit der Stadt. Wir leben hier vom Armengrab!"
Und Gottfried, der eigentlich nicht einmal Erwin heißt, redet sich in Rage.
Aber er redet sich nicht um Kopf und Kragen.
"Schreiben Sie darüber, über den Skandal, dass Kirche nicht an Liebe denkt. Wenn es zu Ende geht. Aber ich muss anonym bleiben. Den Ärger, den ich hier mit meiner Einstellung oft habe.
Das war oft kurz vor Kündigung."
Und dann zeigt er, der Gottfried, uns, den Paganini´s, seinen Lieblingsplatz.
"Da ist er, der illegale Tierfriedhof: Hamster, Katze, Hase und Hund. Ich nehme ALLE!
Und ich genieße es so, weil ich weiß, die würden so sauer sein, wenn die das wüssten!
Tier-Begräbnisse für lau!"
Wir sehen nur Sand.
Wie schön muss es sein, hier sein Tier in die professionellen Hände des Friedhofs-Arbeiters zu geben!
Das denkt die Redakteurin.
Nix wie weg hier!
Das denkt Paganini, der Kater.
Und auf dem Heimweg singen wir, die Paganini´s, ganz leicht und recht beschwingt:
Denn wie man sich bettet, so liegt man....
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Wegen diverser Projekte kann es sein, dass der Blog bis ca. Mitte April ohne neuen Post auskommen muss! ...Denn wie man sich bettet, so liegt man....!
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