II. Episode in zwei Szenen!
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Tamara de Lempicka by Confetta |
IV
Verzeihen Sie, ich bin Carina!
Süßer kann eine, vom Weinen
heisere, Stimme nicht klingen. Das muss ein weiblicher Engel sein. Ein zartes
Geschöpf. Scheu und fragil. Einer Gazelle gleich. Nicht verscheuchen! Denkt
Luise. Diese Dame muss erst einmal behutsam aufgefangen werden!
Was kann ich denn für Sie tun?
Wieder ein zartes Schnäuzen.
Wie sind Sie denn auf mich aufmerksam
geworden?
Durch Jeanne. Haucht eine
gebrochene Seele. Jeanne hat gesagt, Sie können mir vielleicht helfen.
Ein Seufzen wird von Luise nicht
unterbrochen.
Könnten wir Du zueinander sagen?
Ja? Könnten wir? Das wäre dann einfacher für mich. Jeanne hat gesagt, sie darf
Sie beim Vornamen nennen!
Wieder scheint eine süße Nase zu
laufen. Da Luise diese Nase nun mit Jeanne in eine - wie auch immer geartete -
Beziehung gebracht sieht, vermutet sie, dass diese Nase, zu einem ganz feinen
Näschen, gerichtet worden ist.
Irgendwann, vor sicher nicht allzu langer Zeit.
Irgendwann, vor sicher nicht allzu langer Zeit.
Natürlich können wir Du
zueinander sagen. Ich bin Luise. Und Du bist also Carina. Welch hübscher Name.
Nomen est Omen. Da bin ich mir sicher.
Luise hüllt ihre Stimme in warme Farben, ein gütiger Timbre,
voll und rund, liebevoll, verständnisvoll, schonungsvoll und, und, und. Luise
ist stolz auf diese Gabe, ihrer Sprechstimme diverse Tonarten hinzuzufügen.
Carina taut auf. Ihr Stimmchen
gewinnt an Festigkeit. Das Näschen verstummt. Und sie erzählt von Hermann. Ein
Autist an ihrer Seite. Sie berichtet von einem stupiden Leben mit diesem
grausamen Menschen. Er will es einfach nicht schaffen, ihre Liebe und ihre
Leidenschaft zu wecken. Und sie erzählt von Charlie, dem Mann vor Hermann. Sie
hat ihn verlassen, weil Hermann ihr solider erschien. Hermann ist sehr reich.
Auch Charlie ist reich. Nur wenige Milliönchen auf dem Konto trennen ihn von
Hermann. Hermann ist Unternehmer. Familienunternehmen in fünfter Generation.
Feinkost. Weltweit. Internat. Gute Erziehung. Stil. Null soziale Kompetenz.
Null Komma Null Verführer-Typ. Charlie dagegen, weiß die Frauen zu nehmen.
Nachtclubbesitzer. Noble Schuppen. München. Schickeria. Ein glamouröses Leben
ist das für Carina gewesen.
It is Monday and I love you!
Hat Charlie eines Montag Morgens
zu ihr gesagt. Und schwups, hat der 5-Karäter am schmalen Finger geglitzert.
Charlie kennt Jeden, der Rang und Namen hat. Filmstars, Politiker, Sternchen,
Banker. Und er kennt Jeanne. Hermann interessiert sich für Nichts und Niemanden
und will seine Ruhe. Die Geschäfte beherrscht er, dazugehörige Bankette lässt
er über sich ergehen. Um zehn will er ins Bett. Kurz Sex. Dann Schnarchen.
Morgens Dusche. Kaffee und Croissant. Und weg ins Unternehmen. Carina
verkümmert. Carina leidet. Und zu Charlie kann sie nicht zurück. Charlie hat
eine Neue. Und die ist zwanzig. Bildschön. Russin. Und ohne einen Partner an
der Seite hat Carina noch nie gelebt. Und somit ist alles ganz ent-setz-lich!
Wieder unterbricht ein Schniefen
und Schnäuzen, die Rede aus weiblich-schmollendem Mund. Luise ist nicht
erschüttert. Mit munterer Anteilnahme und Optimismus in Sopran, bittet sie um
die Geburtsdaten der Protagonisten, dieser soeben gehörten Geschichte.
Alles hat seine Zeit. Jetzt oder
Nie. Schwarz oder Weiß. Alles ist Illusion. Alles kommt uns nur so vor. Wie es
uns vorkommt und erscheint. Alles ist richtig. Jetzt. In diesem Moment. Denn
alles ist Veränderung. Alles fließt. Nichts währt ewig. Auch nicht das Leiden. Auch
nicht die Langeweile. Nicht einmal das Nichts.
Und so kann Luise Carina
beruhigen. Saturn-Zeit ist Blei-Zeit. Neptun, der Zauberer, schaut schon bald
um die Ecke und löst das Grau, durch schillernde Farben, neu keimender Gefühle,
ab.
Carina, bald schon, sehr bald,
geht’s wieder los mit dem Leben. Mit der Liebe. Mit der soeben verdorrt
erscheinenden Emotion.
Ich werde Dich jetzt sicher
häufiger benötigen. Danke. Danke so sehr!
Carinas Stimme verstummt. Der
Hörer des Telefons legt sich zufrieden zur Ruhe. Luise ist in tiefe Gedanken
versunken. Jeanne hat sie empfohlen. Ein weiterer Beweis. Es zahlt sich nun
aus. Carina wird rasch wieder zur Beratung rufen. Mit Klingelton und Ungeduld. Neptun löst
Saturn ab. Das lässt Verwirrung ahnen. Da braucht solch ein Geschöpf Rat und
Tat und Beistand. Luise ist zufrieden. Carina ist süß. Ein verwöhntes Wesen.
Fürwahr. Aber angenehm. Oberflächlich. Sicher. Aber zahlungskräftig. Alles ist
gut. Alles ist richtig. Jetzt. In diesem Moment. Denn Zufälle gibt es nicht.
Und dann, also Heute Abend,
schreibt Luise ihr Gedicht.
TickTack-TakTik.
Und wartet auf ihren Mann. Auf
Lars Dietrich.
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